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Nachtfalter im Zollernalbkreis:
          Wurzelbohrer, Glasflügler, Schneckenspinner und andere

Neben den "eigentlichen" Großschmetterlingen sind in der aktuellen Roten Liste Ebert, G., Hofmann, A., Karbiener, O., Meineke, J.-U., Steiner, A. & Trusch, R. (2008): Rote Liste und Artenverzeichnis der Großschmetterlinge Baden-Württembergs (Stand: 2004) auch eine Reihe von Arten aufgeführt, die nach heutigem Wissensstand eigentlich zu den Kleinschmetterlingen gehören - so wie die Widderchen, die wir bei den Tagfaltern aufgelistet haben. Weil sie auch im Grundlagenwerk von Baden-Württemberg geführt und traditionell zu den Großschmetterlingen gezählt werden, stellen wir eine Reihe von Arten aus ganz unterschiedlichen Familien auf dieser Seite vor: Wurzelbohrer (Hepialidae), Sackträger (Psychidae), Holzbohrer (Cossidae), Glasflügler (Sesiidae) und Schneckenspinner (Limacodidae).

 
 

Hepialidae

Psychidae

Cossidae

Sesiidae

Limacodidae

Thyrididae



Hepialidae (Wurzelbohrer)

Die Wurzelbohrer kommen bei uns in einer Familie (Hepialidae) mit 5 Arten vor. Die Falter haben keine Mundwerkzeuge und nehmen damit keine Nahrung auf. Die Weibchen legen sehr viele Eier, die sie einfach auf den Boden fallen lassen, die Raupen leben in den Wurzeln vieler Pflanzenarten. Allesamt gelten die Wurzelbohrer als nicht gefährdet.



Ampfer-Wurzelbohrer (Triodia sylvina)


♂ Haigerloch-Stetten, 20.08.2012 (Foto: H. Fuchs)


♀ Haigerloch-Stetten, 30.08.2013 (Foto: H. Fuchs)


♂ Grosselfingen, 18.08.2012 (Foto: R. Zwiener)


♀ Bitz, 26.08.2015 (Foto: F. Treuz)
 


Eier
Bitz, 26.08.2015 (Foto: F. Treuz)

Der Ampfer-Wurzelbohrer ist die häufigste Art unter den Wurzelbohrern. Sie fliegt in einer Generation hauptsächlich im August. Der höchste Fundort in Baden-Württemberg ist der Plettenberg.

Die Art besiedelt Offenland, gebüschreiche Landschaften und auch offene Stellen im Wald. Die Falter fliegen ans Licht, die Männchen häufiger als die Weibchen. Das liegt wohl daran, dass die Männchen aktiv nach den Weibchen suchen.



Kleiner Hopfen-Wurzelbohrer (Korscheltellus lupulina)


Grosselfingen, 14.05.2013 (Foto: R. Zwiener)


Haigerloch-Stetten, 13.05.2016 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 10.05.2012 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 11.05.2016 (Foto: H. Fuchs)

Der Kleine Hopfen-Wurzelbohrer ist weit verbreitet. Er fliegt hauptsächlich im Mai/ Juni auf Mähwiesen im Offenland, an Waldrändern, gerne auf Kalkmagerrasen und Magerwiesen, Ruderalflächen und Brachen.

Die Weibchen setzen sich nach Sonnenuntergang an Grashame und verströmen Sexuallockstoff und schon nach wenigen Minuten fliegt das erste paarungsbereite Männchen an. Nach der ca. 20-30 Minuten dauerneden Paarung fliegt dann das Weibchen ausdauernd niedrig über dem Boden und verstreut die Eier.

Die Raupen leben polyphag an den Wurzeln verschiedener Pflanzenarten. Sie überwintert, mitunter auch zweimal. Nähere Angaben aus Baden-Württemberg fehlen jedoch.



Adlerfarn-Wurzelbohrer (Korscheltellus fusconebulosa)


Haigerloch-Stetten, 13.07.2020 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 13.07.2020 (Foto: H. Fuchs)


Falter aus Stetten, 14.07.2020 (Foto: F. Treuz)

Der Adlerfarn-Wurzelbohrer kommt in Baden-Württemberg nur im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb vor. Im Albvorland ist er eigentlich nicht zu erwarten, deshalb sind die beiden Funde in Haigerloch-Stetten (erstmals 2017 ohne Fotobeleg) eher überraschend.

Die Falter fliegen in eienr Generation von Mitte Juni bin Anfang August in schattigen, frischen bis feuchten Wiesen im Bereich von Wäldern und deren Rändern sowie in mit Hochstauden durchsetzten Farngebieten auf Waldschlägen.

Als Raupen-Nahrungspflanze wird der Adlerfarn (Pteridium aquilinum) angegeben, doch das scheint keinesfalls sicher, denn die Vorkommen auf der Schwäbischen Alb befinden sich außerhalb des Verbreitungsgebiets des Adlerfarns. Es ist also noch vieles unbekannt.



Heidekraut-Wurzelbohrer (Phymatopus hecta)


Ostdorf, 04.06.2015 (Foto: B. Schlude)


Haigerloch-Owingen, 14.06.2009 (Foto: H. Fuchs)

Der Heidekraut-Wurzelbohrer besiedelt vorwiegend mesophile Wälder im Schwarz­wald und im Alpenvorland. Von der Schwäbi­schen Alb sind nur wenige Vorkommen bekannt.

Während der Haupt-Flugzeit im Juni und Juli können die Männchen in der späten Abend­sonne beim Suchflug entdeckt werden: Mit ausgestülptem Pinselorgan Lockstoff verströmend, suchen sie in federpendel­artigem Auf- und Abwärtsflug nach paarungsbereiten Weibchen.



Großer Hopfen-Wurzelbohrer (Hepialus humuli)


♂ Oberdigisheim, 07.06.2014 (Foto: H. Schurr)


♀ Grosselfingen, 16.06.2013 (Foto: R. Zwiener)


♀ Bitz, 10.06.2015 (Foto: F. Treuz)

Der größte Wurzelbohrer fliegt zwischen Juni und Mitte August (extrem spätes Datum: 18.09.2014 in Bitz bei Friedemann Treuz) im gesamten Bereich des Wirtschaftsgrünlandes - auch an Böschungen, in Obstwiesen und kleinen Grünflächen.

Die Geschlechter unterscheiden sich deutlich: Während die Flügel der Männchen praktisch zeichnungslos sind (siehe 1. Foto), zeigen die Weibchen ein eindeutiges Muster. Sie übernehmen den aktiven Part bei der Partner­suche, daher kommen sie auch häufig ans Licht, während die Männchen nur für eine knappe halbe Stunde in der Abenddämmerung beim Pendelflug zu sehen sind. Insofern ist das Foto durchaus als Besonderheit zu werten - der Falter saß für zwei Stunden auf einer Königskerze.



Psychidae (Echte Sackträger)

Die Famile der Echten Sackträger gehört mit den zur Gruppe der Kleinschmetterlinge gezählten Echten Motten (Tineidae) zur Überfamilie der Tineoidea. Diese Überfamilie ist die urspünglichste Artengruppe innerhalb unserer Schmetterlinge.

Die Echten Sackträger untergliedern sich in 6 Unterfamilien mit insgesamt 33 Arten im Land. Von diesen stehen 12 Arten auf der Roten Liste der gefährdeten Arten, 2 davon gelten als ausgestorben und 2 als vom Aussterben bedroht. Die übrigen 21 Arten sind derzeit wohl ungefährdet.

Es sind kleine Falter mit stark rückgebildeten Mundwerkzeugen, die Weibchen sind oft ungeflügelt. Die Raupen haben beißende Mundwerkzeuge, rückgebildete Bauchbeine und verbringen die meiste Zeit ihrer Entwicklung in einem zumeist je nach Art charakteristisch aussehenden Sack, den sie an ihrer Nahrungspflanze befestigen. Die Überwinterung erfolgt im Larvenstadium, wobei einige Arten eine mehrjährige Entwicklung aufweisen. Nach dem Schlüpfen bleiben die flügellosen Weibchen meist auf dem Sack sitzen und werden dort von den Männchen begattet. Die Männchen leben nur wenige Stunden, die Weibchen wenige Tage.



Dreikant-Zwerg-Sackträger (Dahlica triquetrella)


Fund: leere Puppenhülle
Salmendingen, 08.04.2024 (Foto: A. Röcker)


Fund: leere Puppenhülle
Salmendingen, 08.04.2024 (Foto: A. Röcker)

Im Grundlagenwerk von EBERT 1994 wurde Dahlica triquetrella in drei ver­schiedenen Formen geführt: in einer bisexuellen Form und in zwei partheno­genetischen Formen. Doch es ist wohl noch komplizierter. Auf der aktuellen Seite im Lepiforum (abgerufen am 20.04.2024) wird hierzu ausgeführt: "Angesichts der Barcoding-Ergebnisse scheinen die parthenogenetischen Formen noch nicht wirklich von der sich sexuell fortpflanzen­den Form entfernt zu sein. Wir fassen wieder alles unter einem Artnamen zusammen: Dahlica triquetrella."

Die nach der Form ihrer Raupensäcke benannte Art ist im ganzen Land weit verbreitet. Sie nutzt wie keine andere Psychiden-Art eine große Vielfalt unterschiedlicher Lebensräume. Wegen ihrer geringen Größe werden die Falter allerdings häufig übersehen. In der Regel werden die Raupensäcke gefunden, auf einer Vielzahl von steinigen Untergründen haftend, wo die Haupt-Nahrungs­quelle, die Krätz-Flechte (Lepraria incana), vorkommt.



Kleiner Rauch-Sackträger (Psyche casta)


Fund: leere Puppenhülle
Bitz, 06.09.2015 (Foto: F. Treuz)


Präparat ♀
fot. Bitz, 02.04.2015 (Foto: F. Treuz)


♂ Bitz, 11.06.2015 (Foto: F. Treuz)
 

Psyche casta ist im Land weit verbreitet, nur den Hochlage des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb gibt es weniger Nachweise. Die Männchen fliegen hauptsächlich zwischen Mitte Mai und Ende Juni in einer Vielzahl von Lebensräumen bis ins Kulturland und den Siedlungesbereich.

Die mitunter sogar zweimal überwinternden Raupen sind sehr polyphag und an vielerlei Laubgehölzen und Kräutern zu finden. Auch Grünalgen, Moose und Flechten sowie verwesende Pflanzenteile dienen als Nahrung.



Ockergelber Gitter-Sackträger (Bijugis bombycella)


Haigerloch-Stetten, 10.06.2016 (Foto: H. Fuchs)
 


unsicher bestimmt
Haigerloch-Stetten, 29.06.2010 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 10.06.2016 (Foto: H. Fuchs)
 

Im Gegensatz zu den meist sehr dunkel gefärbten Psychiden-Männchen sind die von Bijugis bombycella ockergelb und weisen ein charakteristisches Gittermuster auf. Bei dem recht abgeflogenen Falter im mittleren Foto ist das nicht mehr gut zu erkennen, deshalb ist die Bestimmung auch nicht zu 100% sicher.

Bijugis bombycella ist im Land nur in der Oberrheinebene verbreitet, im übrigen Land ist die Verbreitung stark lückig. Die Falter fliegen im Mai/ Juni im Offenland, meist in trockenen Habitaten und kommen gerne ans Licht. Die Raupen leben im März/ April an verschiedenen krautartigen Pflanzen und wohl auch an Gräsern.



Großer Erdröhren-Sackträger (Rebelia plumella)


Haigerloch-Stetten, 16.04.2020 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 16.04.2020 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 09.05.2020 (Foto: H. Fuchs)

Dieser früher unter dem Namen Rebelia herrichiella bekannte Sackträger kommt laut EBERT vorwiegend in der Oberrhein­ebene sowie im Bereich zwischen Pforzheim und Heilbronn vor.

Daniel Bartsch, der den Falter bestimmt hat, schreibt hierzu: "Da sollen bei uns 2 Arten vorkommen, eine davon auf der Alb, die andere überall sonst auf Trocken­biotopen." Insgesamt ist wohl noch zu wenig über diesen "Winzling" bekannt.

Die Falter fliegen von April bis Juli, die ♂♂ überleben jedoch die erste Nacht schon nicht. Die Raupen leben wohl an verschiedenen krautigen Pflanzen.



Wiesen-Sackträger (Epichnopterix plumella)


Haigerloch-Stetten, 09.04.2011 (Foto: H. Fuchs)


Erlaheim, 22.04.2009 (Foto: H. Fuchs)


Oberdigisheim, 11.04.2024 (Foto: A. Röcker)


Raupensack Epichnopterix spec.
Haigerloch-Stetten, 09.04.2011 (Foto: H. Fuchs)

Der Wiesen-Sackträger gehört zu den häufigsten Psychidenarten und ist im ganzen Land weit verbreitet. Nur auf der Schwäbischen Alb konnte die Art erst spärlich nachgewiesen werden.

Die Flugperiode der Falter ist langgezogen. Sie reicht von Anfang April bis Ende Juni. Die Falter sind im Gegensatz zum nah verwandten E. sieboldi ökologisch wenig anspruchsvoll und besiedeln alle möglichen Lebensräume. In Trocken- und Magerrasen ist eine Verwechslung mit der vorgenannten Art möglich, die Falter fliegen allerdings zu unterschiedlichen Tageszeiten.

Die Raupen sind von Ende August bis Ende April zu finden. Sie sind polyphag und ernähren sich von einer Vielzahl krautiger Pflanzen und Gräser bis hin zu reifen Früchten.



Fächerfühler-Sackträger (Ptilocephala plumifera) - RL 2


Salmendingen, 08.04.2024 (Foto: A. Röcker)
 


Salmendingen, 08.04.2024 (Foto: A. Röcker)
 


Salmendingen, 08.04.2024 (Foto: A. Röcker)
 

Der Fächerfühler-Sackträger wurde in unserem Bundesland seither nur im Kaiserstuhl-Gebiet nachgewiesen. Der Fund an der Kornbühl-Kapelle kann also als Sensation bezeichnet werden und eigentlich nur mit dem fortschreitenden Klimawandel erklärt werden.

Die nur kurzlebigen männlichen Falter sind früh im Jahr von Mitte März bis Ende April unterwegs. Die Raupen wurden laut EBERT nur im primär baumfreien Xerobromion beobachtet, wo sie an sehr flachgründigen und felsdurchsetzten Stellen, insbesondere auf ebenen geschützten Simsen, die locker mit Pflanzen bewachsen sind.

Als Nahrungspflanzen sind die Aufrechte Trespe (Bromus erectus) und das Frühlings-Fingerkraut (Potentilla tabernaemontani) nachgewiesen.



Cossidae (Holzbohrer)

Die Holzbohrer gehören gemeinsam mit den Glasflüglern zur Überfamilie der Cossoidea und sind, streng genommen, trotz ihrer z.T. enormen Größe "Kleinschmetterlinge". Bei den Holzbohrern gibt es zwei Unterfamilien mit 3 Arten, von denen eine (der "Rohrbohrer") derzeit auf der Vorwarnliste steht und im Zollernalbkreis nicht vorkommt. Die Falter nehmen keine Nahrung auf, fliegen aber ans Licht. Die Larven leben z.T. mehrere Jahre im Holz.



Weidenbohrer (Cossus cossus)


Grosselfingen, 18.07.2014 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 25.06.2019 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 18.07.2019 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 26.06.2017 (Foto: H. Fuchs)


derselbe Falter - Größenvergleich (Foto: H. Fuchs)


Geislingen, 31.05.2011 (Foto: B. Schlude)

Der Weidenbohrer konnte im Zollernalb­kreis seither erst an wenigen Stellen nach­gewiesen werden, doch vermutlich liegt das am geringen Untersuchungsgrad. Die 4 cm langen Falter fliegen vorwiegend im Juni/ Juli im Bereich von Auen- und Laubmisch­wäldern, wo Weiden, Birken und Pappeln wachsen.

Die riesig großen, durchaus bis 10cm langen Raupen durchlaufen ihre Entwick­lung über 3 bis 4 Jahre verborgen im Holz und verpuppen sich in der Regel auch dort. Trotzdem sieht man im Herbst immer wieder Raupen umherwandern, die sich dann unter der Erdoberfläche verpuppen.



Blausieb (Zeuzera pyrina)


Bitz, 04.07.2015 (Foto: F. Treuz)


Geislingen, 06.07.2013 (Foto: B. Schlude)


Haigerloch-Stetten, 17.07.2013 (Foto: H. Fuchs)


♀ + ♂ Haigerloch-Stetten, 31.07.2021 (Foto: H. Fuchs)


♀ - Bitz, 24.07.2018 (Foto: F. Treuz)


Ei des ♀ - Bitz, 25.07.2018 (Foto: F. Treuz)


Raupe - Geislingen, 21.04.2024 (Foto: G. Hänle)


Raupe - Geislingen, 21.04.2024 (Foto: G. Hänle)

Das Blausieb nutzt viele Gehölzbestände, einschließlich Obstbäume - auch im Siedlungsbereich. Die Falter fliegen vorwiegend von Mitte Juni bis Mitte August. Sie nehmen keine Nahrung auf, sind nachtaktiv und kommen ans Licht.

Die bis zu 300 Eier werden in Rinden­spalten oder an der Rinde geeigneter Nahrungs­pflanzen abgelegt. Bevorzugt werden Misteln und Hölzer bis 10cm Durchmesser.

Die Raupen durchlaufen im Innern der Zweige eine 2-3-jährige Entwicklung. Sie bereiten vor der Verpuppung die Ausflugöffnung sorgfältig vor, so dass sich die Puppe vor dem Schlupf des Falters bis zum Ausgang vorarbeiten kann.



Sesiidae (Glasflügler)

Die Glasflügler (Sesiidae) gehören gemeinsam mit den Holzbohrern zur Überfamilie der Cossoidea. Von den 30 Arten in zwei Unterfamilien, die allesamt weitgehend durchsichtige Flügel haben und damit Hautflüglern ähnlich sehen, stehen 13 auf der Roten Liste.

Weil die Raupen sich über mehrere Jahre hinweg im Inneren ihrer Nahrungspflanzen entwickeln, die Falter wegen ihrer geringen Größe und unauffälligen Aussehensweise zumeist dem Auge entziehen, wegen des reduzierten Rüssels keine Nahrung aufnehmen und auch der Licht- oder Köderfang ausscheidet, werden sie meist nur zufällig entdeckt. In der Wissenschaft wurde deshalb erfolgreich der Nachweis mithilfe künstlicher Sexuallockstoffe entwickelt.


Himbeer-Glasflügler (Pennisetia hylaeiformis)


Bitz, 06.08.2014 (Foto: F. Treuz)


Bitz, 06.08.2014 (Foto: F. Treuz)


Grosselfingen, 24.08.2010 (Foto: R. Zwiener)

Der Himbeer-Glasflügler fliegt in einer Generation meist im August auf Wald­schlägen, entlang von Waldwegen und auf Lichtungen im Bereich natürlicher Himbeer­vorkommen. Er ist aber als Kulturfolger auch in der Lage, Himbeerplantagen zu nutzen, ohne hier jedoch messbare Schäden zu verursachen.

Die Raupen leben zweijährig in den Wurzel­stöcken von Himbeerpflanzen (Rubus idaeus) und fressen sich dann durch den Markgang nach oben und ins Freie.


Hornissen-Glasflügler (Sesia apiformis)


Geislingen, 07.07.2013 (Foto: B. Schlude)


Bitz, 31.08.2014 (Foto: F. Treuz)


Bitz, 27.06.2014 (Foto: F. Treuz)


Bitz, 23.06.2017 (Foto: F. Treuz)


Raupe - Bitz, 19.11.2020 (Foto: F. Treuz)

Die größte Glasflügler-Art besiedelt meist offene Landschaften mit Pappel­vorkommen, oft in feuchteren Tallagen entlang von Flüssen und Straßen. Die Falter fliegen im Juni und Juli und können in den frühen Morgenstunden oder an kühleren Tagen an Pappeln oder in Bodennähe sitzend gefunden werden.

Das Weibchen legt die Eier einzeln oder in kleinen Gruppen meist an der Schwarz­pappel (Populus nigra) und ihren Hybriden ab.


Kleiner Pappel-Glasflügler (Paranthrene tabaniformis)


Haigerloch-Owingen, 17.06.2015 (Foto: D. Mezger)

Der Kleine Pappel-Glasflügler ist seither im weiten Umkreis noch nicht nachgewiesen. Sein Schwerpunktgebiet in Baden-Württemberg liegt in der Oberrheinebene. Die Falter fliegen in einer Generation von Mai bis Juli im Bereich von Auenwäldern mit natürlichen Pappelvorkommen aber auch in gepflanzten Pappelbeständen.

Die Raupen haben eine breite ökologische Valenz. Sie fressen nicht nur an Pflanzen verschiedener Pflanzenfamilien, sie erzeugen auch ganz unterschiedliche Fraßbilder: Sie leben in den Wurzeln wie in den Baumkronen, im Stamm oder in dünneren Zweigen ihrer Wirtspflanzen.


Weiden-Glasflügler (Synanthedon formicaeformis)


Albstadt-Pfeffingen, 02.06.2012 (Foto: D. Mezger)


Grosselfingen, 05.07.2014 (Foto: R. Zwiener)


Bitz, 07.07.2019 (Foto: F. Treuz)

Auch wenn der Weidenglasflügler eine der häufigeren Glasflüglerarten ist und in ganz Baden-Württemberg mit Ausnahme der Hochlagen des Schwarzwaldes vorkommt, konnte diese Art bislang nur zweimal im Zollernalbkreis gefunden werden.

Diese Glasflüglerart ist bevorzugt am Nach­mittag zwischen 13 und 18 Uhr aktiv. Im Gegensatz zu anderen Arten aus dieser Familie besuchen Weidenglasflügler auch Blüten, wie Holunder, Liguster oder verschiedene Doldenblütler. Die Larve lebt in Stämmen verschiedener Weidenarten, das Weibchen legt seine Eier bevorzugt an gestörten Stellen am Stamm ab. In der Biotopwahl ist diese Art relativ anspruchslos und kann in vielen Lebensräumen gefunden werden, in welchen Weiden wachsen.


Heckenkirschen-Glasflügler (Synanthedon soffneri) - RL V


Schlatt, 30.05.2021 (Foto: D. Mezger)

Aus dem Zollernalbkreis gab es bis 2021 erst einen Nachweis dieser Art: 1994 konnte Daniel Bartsch einen Falter im MTB von Meßstetten nachweisen. Der Nachweis nun bei Schlatt ist also sicher etwas Besonderes.

Im ganzen Bundesland Synanthedon soffneri gehört zu den am frühesten fliegenden Glasflügler-Arten im Jahr - die Falter fliegen in einer nur zwei Wochen kurzen Flugzeit je nach Region zwischen Anfan Mai und Ende Juni.

Weil laut EBERT seither fast keine Raupen gefunden und praktisch alle Falter-Nachweise mithilfe von Pheromonen erbracht wurden und die Tiere von weither anfliegen können, sind Angaben über die ökologischen Ansprüche dieser Art nur indirekt möglich.


Als Raupen-Nahrungspflanze ist die Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum) nachgewiesen, die Raupe entwickelt sich im Inneren der Stämmchen innerhalb von zwei, möglicherweise sogar drei Jahren.


Johannisbeer-Glasflügler (Synanthedon tipuliformis)


Grosselfingen, 20.06.2011 (Foto: R. Zwiener)


Grosselfingen, 20.06.2011 (Foto: R. Zwiener)

Wie die meisten anderen Glasflügler auch, ist Synanthedon tipuliformis offenbar nicht so leicht nachzuweisen. Jedenfalls gibt es seit 2000 kaum Nachweise in Baden-Württemberg. Im Zollernalbkreis konnte die Art seither noch nicht registriert werden. Umso schöner ist der Nachweis aus dem Jahr 2011 im Hausgarten in Grosselfingen - ohne Zuhilfenahme von Pheromonen.

Die Falter fliegen von Ende Mai bis Mitte Juli im Bereich von Hausgärten und

Obstanlagen, soweit dort die Raupennahrungspflanzen angebaut werden. Eigentlich müsste die Art auch in "natürlichen Waldsteppen" mit reichen Beständen von Stachelbeere (Ribes uva-crispa)vorkommen.

Neben der Stachelbeere leben die Raupen auch ab der zweiten Jahreshälfte (überwinternd) in den Trieben der Roten und Schwarzen Johannisbeere (Ribes rubrum-Gruppe bzw. nigrum) und anderen Ribes-Arten.


Tannen-Glasflügler (Synanthedon cephiformis)


Ex larva-Zucht 26.03.2024 (Foto: D. Bartsch)
Raupen aus HCH-Schlatt am 30.12.2023

Die Verbreitung des Tannen-Glasflüglers in Baden-Württemberg deckt sich weitgehend mit dem der Weißtanne - allerdings offenbar nur in "Urlandschaften", nicht im Bereich von forstlich ausgebrachten Bäumen.

Weil sich die Falter wohl vorwiegend im Kronenbereich der Bäume aufhalten und deshalb selten gefunden werden, ist über ihre Flugzeit aus unserem Bundesland aufgrund der spärlichen Datenlage laut EBERT noch keine Aussage möglich.

Ein Nachweis der Art ist eher über die Raupen möglich. Diese entwickeln sich in Krebsgeschwulsten an Weißtannen und ernähren sich vom Kallusgewebe. Ihre Entwicklungszeit ist ein- bis zweijährig, sie können deshalb auch zu jeder Jahreszeit gefunden werden.


Hornklee-Glasflügler (Bembecia ichneumoniformis)


Grosselfingen, 17.07.2010 (Foto: R. Zwiener)
 


Ei an Hufeisenklee
Onstmettingen, 14.09.2023 (Foto: A. Röcker)

Der Hornklee-Glasflügler ist eine wärmeliebende Art und bevorzugt warme Kies- und Geröllflächen, Felsfluren, Erosionshänge und Trockenrasen. Die Falter fliegen zwischen Mitte Juni und Mitte August. Auf der Suche nach den Weibchen liegt das Aktivitätsmaximum der Männchen in den Morgenstunden zwischen 8 und 11 Uhr.

Die Weibchen legen ihre Eier an die Blattspitzen von Hornklee (Lotus corniculatus) und Hufeisenklee

(Hippocrepis comosa) ab. Die Raupen leben dann vermutlich 2 Jahre lang in einem Fraßgang im äußeren Wurzelbereich, durchaus auch mehrere Raupen in einer Pflanze, jedoch jede in einem eigenen Fraßgang.


Johanniskraut-Glasflügler (Chamaesphecia nigrifrons) - RL V


Tailfingen, 22.06.2023 (Foto: A. Röcker)

Abgesehen von einem kleinen "Inselvorkommen" im Markgräfler Land hatte der Johanniskraut-Glasflügler seinen Ba-Wü-Schwerpunkt in den Hardtebenen. Zwischenzeitlich hatte sich im Raum Mühlacker ein weiteres ausgedehnteres Gebiet entwickelt. Auf der Hochalb hätte man den Falter aber sicher nicht erwartet, so dass es sich hier möglicherweise um einen Gewinner der Klimaänderung handelt.

Die Falter fliegen als Pionierart im Mai/ Juni im Bereich von Vorkommen des Echten Johanniskrauts (Hypericum perforatum), wobei wohl nur einzeln stehende Pflanzen mit Eiern belegt werden. Wie bei allen Glasflüglern entwickeln sich die Raupen im Innern der Stängel und bis zum Herbst werden diese so "behandelt", dass sie bei Wind leich umknicken. Die so entstehende Öffnung wird dann mit etwas versponnenem Genagsel verschlossen und die Raupe überwintert.


Zypressenwolfsmilch-Glasflügler (Chamaesphecia empiformis)


♂ Onstmettingen, 27.07.2022 (Foto: A. Röcker)


♂ Onstmettingen, 27.07.2022 (Foto: A. Röcker)

Nachdem die Raupe von Chamesphecia empiformis ausschließlich an der Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) frisst, kann die Art theoretisch in vielen verschiedenen Lebensräumen überall dort gefunden werden, wo diese Pflanze vorkommt.

Im Zollernalbkreis gab es seither nur wenige Nachweise, was aber vermutlich eher an den unauffälligen Faltern liegt. Die Flugzeit reicht von Mai bis August.


Die Raupen leben bis in den Spätsommer auf den Blättern und fressen dann zur Überwinterung einen Gang in die Wurzel. Dort überwintern sie auch.



Limacodidae (Schneckenspinner)

Die Familie der Schneckenspinner (Limacodidae) wird u.a. mit den Widderchen in eine gemeinsame Überfamilie (Zygaenoidea) gestellt und ist in Baden-Württemberg mit 2 ungefährdeten Arten vertreten. Im Zollernalbkreis kommt jedoch nur eine Art vor. Die Falter haben reduzierte Mundwerkzeuge, nehmen damit keine Nahrung auf und leben nur ca. 14 Tage. Sie fliegen geradlinig ans Licht und bleiben dann ruhig sitzen.

Die Raupen haben stark reduzierte Beine und bewegen sich nacktschneckenartig auf selbst produziertem Schleim vorwärts. Weil auch der Kopf im Brustabschnitt verborgen bleibt, werden die Raupen meist nicht als Falter-Raupen erkannt.


Großer Schneckenspinner (Apoda limacodes)


Hechingen, 01.07.2013 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Owingen, 14.07.2013 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 22.07.2017 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 02.07.2018 (Foto: H. Fuchs)

Übersetzt bedeutet der wissenschaftliche Name "Nacktschneckenartiger Ohnfuß", ist also von der eigenartigen Form der Raupe abgeleitet. Der Falter kommt im ganzen Land vor, fehlt aber in den höheren Lagen des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb.

Die Falter fliegen vorwiegend zwischen Mitte Juni und Ende Juli in Laubmischwäldern und bevorzugen trocken-warme Waldstrukturen und Waldränder. Die Weibchen legen über 100 Eier an die Blätter verschiedener Laubbaumarten ab, z.B. an (Stiel-)Eichen (Quercus spec.), Hainbuchen (Carpinus betulus), Ahorn (Acer spec.) und Rotbuchen (Fagus sylvatica). Zur Verpuppung spinnt sich die Raupe ein Nest an dürren Blättern.


Kleiner Schneckenspinner (Heterogenea asella)


Bitz, 26.06.2019 (Foto: F. Treuz)


Bitz, 26.06.2019 (Foto: F. Treuz)

Der Kleine Schneckenspinner wird aufgrund seiner geringen Größe und des wenig attraktiven Aussehens vermutlich häufig übersehen und wurde vielleicht nur deshalb im Zollernalbkreis seither noch nicht gefunden worden.

Die Falter fliegen in einer Generation von Mai/ Juni bis August in mesophilen Wäldern der Ebenen und des Hügellandes, bevorzugt im Gegensatz zu Apoda limacodes aber mehr das Waldesinnere.


Die Raupen leben wohl im September/ Oktober an den Blättern einer Vielzahl von Bäumen und Sträuchern. Die Überwinterung erfolgt als Präpuppe im Kokon, die Verpuppung erfolgt erst im Frühjahr, wenige Wochen vor Schlüpfen des Falters.



Thyrididae (Fensterfleckchen)

Die Familie der Fensterfleckchen (Thyrididae) steht als einzige Familie in einer eigenen Überfamilie (Thyridoidea). Hauptverbreitungs­gebiet dieser Familie mit seither weltweit rund 760 beschriebenen Arten sind die Tropen. In Baden-Württemberg kommt nur 1 Art vor, die auf der Vorwarnliste der gefährdeten Arten steht.


Waldreben-Fensterfleckchen (Thyris fenestrella) - RL V


♀ Starzeltal, 21.06.2010 (Foto: A. Speidel)


♂ Bad Imnau, 20.06.2016 (Foto: K. Heilig)

Streng genommen gehört das Starzeltal unterhalb von Bietenhausen schon zum Kreis Tübingen und wir können den Falter nur naturräumlich als "unseren" betrachten. Weil wir aber seither erst zwei Nachweise haben, wird das Foto hier veröffentlicht - auch das nicht ganz scharfe Foto aus Bad Imnau (immerhin noch innerhalb des Zollernalbkreises).

Ob es an der geringen Größe liegt und der Falter einfach übersehen wird? Jedenfalls


gibt es nicht besonders viele aktuelle Nachweise aus Baden-Württemberg. Die Falter fliegen hauptsächlich im Juni/ Juli in sonnen- und wärmebegünstigten Gebieten, wo die Raupen-Nahrungspflanze gute Bedingungen vorfindet. Das kann in den Randbereichen von Wäldern, aber auch auf Lichtungen, Dämmen und breiten Wegen mit artenreichcen Kraut- und Hochstaudenfluren der Fall sein. Sie saugen an vielerlei roten, blauen und violetten Blüten - offenbar auch an Kot, wie das Foto von Bad Imnau zeigt.

Die Raupen leben wohl ab Juli an der Waldrebe (Clematis vitalba), die Puppe überwintert - mitunter wohl auch zweimal.