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Nachtfalter im Zollernalbkreis: Spanner (Geometroidea) - Teil 2

Der Familienname "Spanner" leitet sich von der für die Raupen typischen Fortbewegungsweise ab: Den meisten Arten fehlen die Bauchbeine, so dass die Nachschieber direkt hinter den Brustbeinen ansetzen und den Körper hochwölben, bis die Brustbeine wieder für die Streckung sorgen. Zur Tarnung sitzen die Raupen mitunter so da, dass sie an einen abstehenden Zweig erinnern.

Zu der Überfamilie der Geometroidea gehört in Deutschland nur eine Familie in 5 Unterfamilien mit insgesamt ca. 430 Arten. Die meisten Falter sind klein bis mittelgroß und haben im Vergleich zur Flügelfläche schlanke Körper. In Ruhestellung liegen die Flügel meist flach auf dem Untergrund, so dass die Hinterflügel sichtbar sind. Bei vielen Arten haben die Männchen im Gegensatz zu den Weibchen gefiederte Antennen, wodurch die Geschlechter leicht zu unterscheiden sind.

Hinweis zur Darstellung: Weil die Spanner eine sehr artenreiche Familie darstellen, haben wir die Unterfamilien auf mehrere (Unter-)Seiten verteilt. Sterrhinae, Archiearinae und Geometrinae gemeinsam auf der ersten, die beiden anderen Unterfamilien auf je einer eigenen. Der ganze Vorspann wird jedoch immer wiederholt.

 
 

Familie:
Unterfamilie:

Geometridae
Sterrhinae


Larentiinae


Archiearinae


Ennominae


Geometrinae



(Larentiinae 5)

Mit 196 Arten sind die Larentiinae die größte Spanner-Unterfamilie in Baden-Württemberg. 70 werden in der aktuellen Roten Liste geführt, von denen sind 6 bereits ausgestorben (RL 0) und 16 (RL 1) stehen wohl kurz davor.

Die meisten Arten sind anhand der Färbung bzw. des Flügelmusters gut zu unterscheiden. Zu den Larentiinae gehören aber auch die 66 Blütenspanner-Arten, die zu den kleinsten der Unterfamilie gehören und einander oftmals sehr ähnlich sehen, so dass auch hier eine sichere Bestimmung nur mithilfe der Genitaluntersuchung (siehe Wikipedia) möglich ist.


Großer Johanniskraut-Spanner (Aplocera plagiata)


♂ Haigerloch-Stetten, 01.06.2016 (Foto: H. Fuchs)


♂ Haigerloch-Stetten, 28.08.2016 (Foto: H. Fuchs)


♂ Haigerloch-Stetten, 28.08.2016 (Foto: H. Fuchs)


♀ Bitz, 14.09.2019 (Foto: F. Treuz)


♀ Haigerloch-Stetten, 16.08.2018 (Foto: H. Fuchs)


♀ Haigerloch-Stetten, 07.06.2020 (Foto: H. Fuchs)

Es ist davon auszugehen, dass die Art mit dem Johanniskraut flächendeckend verbreitet ist. Trotzdem stammt die Hälfte aller Nachweise in Baden-Württemberg aus der Oberrheinebene, etwa ein Drittel aus dem Neckar-Tauberland.

Die Falter fliegen in zwei sich teilweise überlappenden Generationen von Mai bis Juli und von Juli bis Oktober auf den verschiedensten geologischen Unter­gründen. Im Zollernalb­kreis sind das wohl in erster Linie die Trockenrasen und Halbtrockenrasen der Muschel- und Jurakalk-Gebiete. Daneben wird eine Vielzahl weiterer Lebensräume besiedelt, so dass es sehr erstaunlich erscheint, dass die Art früher nur an einem Ort im Zollernalbkreis und in diesem Jahrhundert erstmals 2016 nachgewiesen werden konnte.

Die Raupen leben hauptsächlich im Juli/ August und dann wieder ab August (überwinternd) bis Ende April am Echten Johanniskraut (Hypericum perforatum), aber wohl auch anderen Hypericum-Arten.


Bergheiden-Johanniskraut-Spanner (Aplocera praeformata)


Zimmern u.d.B., 22.08.2015 (Foto: H. Fuchs)


Oberdigisheim, 24.07.2013 (Foto: H. Fuchs)


Hausen am Tann, 09.07.2008 (Foto: H. Fuchs)

Die Mittelgebirgsart kommt in Baden-Württemberg in erster Linie im Schwarz­wald und auf der Schwäbischen Alb vor. Auf der Alb fliegen die Falter von Juli bis September im Bereich felsiger Halb­trocken­rasen und Steppenheiden am Rand von Buchenwäldern, auf süd­exponierten Magerrasen und Schafweiden mit Felsfluren und Geröllhalden.

Die Raupen leben überwinternd bis Juli an Johanniskraut (Hypericum perfoliatum).


Grauer Lappenspanner (Lobophora halterata)


Geislingen, 22.04.2014 (Foto: B. Schlude)


Haigerloch-Hart, 20.05.2013 (Foto: H. Fuchs)


Geislingen, 08.05.2013 (Foto: B. Schlude)


Bitz, 23.04.2020 (Foto: F. Treuz)
 


Haigerloch-Owingen, 22.04.2020 (Foto: H. Fuchs)
mit sichtbarem Hinterflügel-Lappen


Haigerloch-Stetten, 28.04.2020 (Foto: H. Fuchs)
 

Die Artengruppe der Lappenspanner hat ihren Namen von einer lappenförmigen Abspaltung des Hinterflügels.

Wegen der frühen Flugzeit und weil die Falter selten ans Licht kommen, ist die Verbreitung des Grauen Lappenspanners in Baden-Württemberg nur unzureichend bekannt.

Die Falter fliegen von April bis Juni in Laubmischwäldern und Laubholzforsten, auch in mosaikreichen Siedlungsräumen mit Gärten, Streuobstwiesen und lockeren Baumbeständen an Straßen.

Die Raupen leben von Mai bis Juli in erster Linie an der Zitterpappel (Populus tremula).


Kleiner Lappenspanner (Pterapherapteryx sexalata)


Hechingen-Boll, 01.07.2013 (Foto: H. Fuchs)


Binsdorf/ Rosenfeld, 30.06.2017 (Foto: H. Fuchs)


Binsdorf/ Rosenfeld, 30.06.2017 (Foto: H. Fuchs)

Der Kleine Lappenspanner ist eine Art der Flusstäler in tieferen Lagen.

Der Falter fliegt in einer ausgedehnten Generation von Mai bis August in Auen- und Bruchwäldern mit Weidengebüschen und Pappelpflanzungen, bei uns auch in Bachtälern und kleinflächigen Feuchtbiotopen.

Die Raupen leben von Juni bis September an verschiedenen Weiden-Arten (Salix spec.) und Pappeln (Populus spec.).


Ahorn-Lappenspanner (Nothocasis sertata)


Bad Imnau, 26.09.2014 (Foto: H. Fuchs)


Bitz, 25.09.2016 (Foto: F. Treuz)


Onstmettingen, 20.09.2015 (Foto: H. Fuchs)


Balingen, 06.09.2009 (Foto: D. Mezger)

Der Ahorn-Lappenspanner ist mit dem Bergahorn über das ganze Land verbreitet, kommt aber lokal mitunter nur selten vor.

Die Falter fliegen im September/ Oktober in luftfeuchten, von felsen- und gebüsch­reichen Trockenhängen begleiteten Bachtälern mit Ufergehölzen, auch an den Rändern von Laubmischwäldern mit angrenzenden bodenfeuchten Wiesen und Wegrändern.

Die Raupen leben von April bis Juni ausschließlich am Bergahorn (Acer pseudoplatanus).


Gelbgrüner Lappenspanner (Acasis viretata)


Geislingen, 30.07.2013 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Owingen, 26.04.2014 (Foto: H. Fuchs)


Bitz, 04.06.2015 (Foto: F. Treuz)


Haigerloch-Stetten, 12.05.2015 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 03.08.2021 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 26.07.2022 (Foto: H. Fuchs)

Der Gelbgrüne Lappenspanner fliegt in einer ersten Generation von April bis Juni und einer unvöllständigen zweiten im Juli/ August in Auen- und Bruchwäldern, an Wald- und Bachrändern, Hecken, auch in Gebüsch-Gesellschaften auf kalkreichen Hängen mit Schneeball. Trotzdem fehlt er anscheinend weitgehend auf der Westalb - und das trotz ausgedehnter Schneeball-Vorkommen.

Die Raupen leben von Juni bis September an allerlei Laubgehölzen, besonders am Schneeball (Viburnum opulus), aber auch an Kreuzdorn (Rhamnus catharticus) und Hartriegel (Cornus sanguineum).


Gestrichelter Lappenspanner (Trichopteryx polycommata)


Haigerloch-Owingen, 30.03.2014 (Foto: H. Fuchs)


Geislingen, 13.04.2013 (Foto: B. Schlude)


Haigerloch-Stetten, 29.03.2016 (Foto: H.Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 29.03.2016 (Foto: H.Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 30.03.2016 (Foto: H.Fuchs)

Der Gestrichelte Lappenspanner war früher nur selten registriert, mit der Verbesserung der Lichtfanganlagen wurde er nun jedoch häufiger nachgewiesen.

Die Falter fliegen von Februar bis April an warmen Hängen mit Ligusterhecken, an Waldrändern und auch im Siedlungsbereich.

Die Raupen leben im Mai/ Juni an verschiedenen Laubgehölzen wie Hecken­kirschen (Lonicera spec.), Liguster (Ligustrum vulgare), Esche (Fraxinus excelsior) und Feld-Ahorn (Acer campestre).


Hellgrauer Lappenspanner (Trichopteryx carpinata)


Haigerloch-Owingen, 15.04.2013 (Foto: H. Fuchs)


Haigerloch-Stetten, 11.04.2017 (Foto: H. Fuchs)


Bitz, 22.04.2016 (Foto: F. Treuz)

Der Hellgraue Lappenspanner ist deutlich häufiger als die vorige Art. Er kommt vorwiegend im Neckarraum, in den Oberen Gäuen und auf der Schwäbischen Alb vor.

Die Falter fliegen von März bis Mai auf Lichtungen, am Rand von Auwäldern in der Weichholzaue sowie im Bereich von Laubmischwäldern und deren Mantelgesellschaften mit Weidenvorkommen.

Die Raupen leben von Mai bis Juli meist an der Sal- und der Ohr-Weide (Salix caprea bzw. aurita), die namensgebende Hainbuche (Carpinus betulus) spielt als Raupennahrung nur eine untergeordnete Rolle.


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